Der flache Tümpel

Der flache Tümpel

Ein Katzenhaar schwimmt im Kreis,

Kein Wort fällt hier.

Wo der Mistkäfer scheitert:

Wo der Mistkäfer scheitert:

Nach vielen Tagen Arbeit

Rollt jetzt nichts.

Mediale Dekonstruktion

Dank gebührt Air.

Voodoo People

Sir Thomas Jones verlor allmählich den Bezug zur Realität. Wie auch immer er sich bemühte, das grünfeuchte Blätterdach dieser zentralafrikanischen Sumpfhölle schien immer dichter zu werden. Seine Erziehung mahnte den kultivierten Briten zum würdevollen Rückzug aus dieser unangenehmen Situation, doch die unbekannten Substanzen in seinem Körper hatten auch diesen letzten Widerstand bald mit wilden und unerhörten Gedanken überlagert.

Jones versuchte, sich zu erinnern. Nicht ganz ohne Erfolg – ein winziger Rest seiner Persönlichkeit hielt den Stimmen und Farben gerade lange genug stand, damit er sich selbst noch einmal die Fragen, die ihm Halt gaben in dieser untergehenden Gegenwart, beantworten konnte:

Erstens: Wer bin ich?

Zweitens: Wo bin ich?

Zunächst, und das erschien ihm recht evident, erkannte er sich selbst als Sir Thomas Jones, Anthropologe im Dienste seiner Majestät, Wissenschaftler für die Royal Society im gesunden Alter von 41 britischen Jahren. Die Damen schätzten sein grau meliertes Haar und den mächtigen Backenbart und Jones schätzte an sich selbst seine außerordentliche Selbstbeherrschung, die einen ausgeprägten Glauben an Vernunft und Wissenschaft ermöglichte. Und er hasste Bananen.

Des weiteren, und auch das wusste Jones mit ziemlicher Sicherheit, befand er sich aktuell, und es fügte ihm seelische Schmerzen zu, dieses Wort auch nur zu denken, denn es war unpräzise und beliebig, ließ sich angesichts dieser Situation aber leider nicht vermeiden, denn sie hatten sich verirrt – nun, er befand sich irgendwo in Kamerun, wahrscheinlich nordöstlich von Youndé, auf jeden Fall war die nächste Tasse Tee mindestens sechs Tagesmärsche entfernt. Allerdings wusste Jones nicht, und das war seine größte Sorge, in welcher Richtung. Unter der Krempe des Tropenhuts blickten seine tiefblauen Augen angestrengt auf die simple Tonschale, die er in der Hand hielt. Wie lang war es jetzt her, seit sie während eines Streits über den einzuschlagenden Pfad von den Eingeborenen überrascht worden waren? Zwei Stunden? Zwei Tage? Jones hatte massive Probleme mit seinem sonst so brillanten Gedächtnis.

Soviel wusste er noch: Nachdem man sich schweigend und mit großen Augen gegenseitig lange genug beobachtet hatte, ging die erste Kontaktaufnahme von den Einheimischen aus. Einer der drahtigen nackten Männer, offensichtlich der einzige unter Bewaffnung, er hielt ein langes Speer in der Hand, war auf die Forschergruppe zugeschritten und machte, zumindest war das ihre Interpretation, ein freundliches Gesicht. Jones hatte den Griff um den Revolver in seiner Westentasche daraufhin entspannt und unter seltsamen Lauten und Gestikulierungen führten die Männer die britische Gruppe in ihr Dorf. Es war heiß dort, wie überall in Kamerun, zusätzlich zur extremen Luftfeuchtigkeit strapazierten die täglichen Regenfälle und der anschließende Moskito-Angriff jeden zivilisierten Menschen bis an die Belastungsgrenze.

Nach einem kurzen Marsch hatten sie die Heimat der Eingeborenen erreicht – für die Forschergruppe erschien sie als platt getrampelter brauner Fleck in der sonst ausnahmslos grünen Umgebung. Hier und da boten improvisierte Dächer aus Zweigen Schutz vor der Witterung, auf einem Feuer dampfte Nahrung, irgendwo heulten Kinder und Tiere, es roch nach Asche und Fleisch. Die Ankunft der weißen Forscher sorgte, und das überraschte Jones überhaupt nicht, für Aufsehen. Binnen Sekunden versammelte sich der ganze Clan und nahm die Fremdlinge in Augenschein. Diese Situation war dem Anthropologen nicht fremd, er kannte Beschreibungen derartiger Begegnungen aus den Lehrbüchern und verhielt sich formal korrekt: Nicken, lächeln, sich verbeugen, ausholende Bewegungen und starke Lautäußerungen vermeiden.

Doch dann war etwas geschehen, dessen Auswirkungen Jones nicht einzuordnen vermochte. Einer der Buschmänner hatte ihm, der ihnen offensichtlich als Anführer der Gruppe erschien, was er ja auch war, mit einem breiten Lächeln eine Schale mit einer braunen, schleimigen Flüssigkeit unter die Nase gehalten. Gemäß seiner Ausbildung nahm er das Geschenk an, auch wenn ihm nicht wohl dabei war.

Und jetzt stand er am Feuer. Und trank.

Und es dauerte nicht lange, da erodierte seine Realitätskonstruktion. Jones Welt aus rechten Winkeln, dem Prinzip von Ursache und Wirkung, der Empirie und der Vernunft wich einer furchtbaren Ungewissheit. Zum ersten Mal in seinem Leben konnte er nicht absehen, was geschehen würde, der totale Mangel an Überraschung in seinem Leben verschwand gleichzeitig mit jeglicher Reflexion, jeglichem Bewusstsein über das Hier und Jetzt.

Was auch immer dieses Buschvolk mit ihnen vorhatte, ob es sie nun auf dem Feuer briete oder als Götter verehrte, Jones fürchtete sich davor. Denn er stand nicht mehr über den Dingen, sondern daneben.

Und das fühlte sich großartig an.

„Freiheit“, dachte er, bevor er das Bewusstsein verlor.

Ein Gedicht von Dosenfleisch

Von: denverr dfdfdf
Betreff: Es ist nun schon sechs Jahre her, da. der mineralbusiness entwickelt sich schnell!
sehen sie es am donnerstag 7. juni!

entreprise: harri expl inc
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verlieren sie keine moglichkeit
kau-fen vor es sehr spat wird

300-400 Interessen in folgenden 5t
fugen sie efd in ihre liste am
donnerstag 7. juni!

WeiXt du es nun, Samana aus dem Walde. Er wollte Siddhartha folgen, dem Geliebten, dem Herrlichen.
Aber alle diese vertrauten Arbeiten erschienen ihm an. Hinter den Meinigen zurXck und saX bei dir.

Du den Pfad der ErlXsung gehen. Sind, habe ich schon als Kind gelernt.
Wie heiXt es denn. Sie rollte sich um den Kn.

Großartig, wirklich. Der Grund, warum ich diese E-Mail öffnete, ist der Betreff, denn er suggeriert: Da hat jemande eine Geschichte zu erzählen. Als es dann doch nur darum ging, wie ich mich am besten finanziell selbst zerstöre, stellte sich seichte Enttäuschung ein – bis ich zu den letzten beiden Absätzen kam. Was tut sich dort für eine schimmernde Wunderwelt der Poesie auf! Samana! Wald! Liebe! Siddharta!

Was hat der gute Herr Gautama, Begründer des Buddhismus, nur in einer Spam-Mail verloren, die mir den Kauf von Mineralölaktien nahelegt? Ist es ein Scherz? Die wirre Ausgeburt einer automatisierten Textsoftware? Oder ist es eine Liebeserklärung an die schönen Worte aus einer kalten und unästhetischen Businesswelt? Hat sich dort ein Mensch zum Ziel genommen, das Image des Kapitalismus aufzupolieren? Mit fragmentarischen Hesse-Zitaten?

Ich bin tatsächlich geneigt, etwas derartiges zu glauben. Die Welt geht noch nicht den Bach runter, solange selbst die schäbigsten Mutationen der Geldwirtschaft bisweilen zum Schmunzeln, Denken und Lachen anregen. Alles ist gut.

Buddha

Kern

Kern sah durch das Kristallsichtfenster in die satte Schwärze des Vakuums und wusste, dass er die nächste Minute nicht überleben würde. Im Gefecht hatten die Schockkanonen des Angreifers das Klimasystem seiner Kapsel beschädigt und so war es nur noch eine Frage von Sekunden, ehe Kerns fragiler Hydrokörper im All verdampfen würde.

Ihm blieb keine Zeit mehr.

Und so dachte Kern voller Liebe und Sehnsucht an seine wunderschöne Heimatwelt, als die Schiffshülle zerbrach und er sich zuerst in einen glitzernden Nebel verwandelte, der dann allmählich verblasste und seine Moleküle ins Universum entließ.

Kern hatte sich noch nie zuvor so frei gefühlt.

So ist es

Berstende Zehennägel sind das Maß unserer Zeit. Junge Triebe, früh ermattet, hören ihr eigenes Echo als fahlen Nachgeschmack einer untergehenden Zivilisation. Als kuriosen Fesseltrick, als Überlandleitungen, die Karamell statt Elektrizität transportieren und deren Statik bar jeden Beispiels schimmert, blass und verloren.

De.

Platziert.

Ein kantiger Vogel aus flüssigem Holz setzt sich und scheißt den Samen einer neuen Generation auf tote Erde.

Deutschlands nächster Pumuckl

Deutschland hat sein nächstes Topmodel. Oder zumindest ein Mädchen, das diesen Titel aufgedrückt bekommt. Internationalen Erfolg hat Vorgängerin Lena Gercke bislang keinen, obwohl sie einen Nachnamen besitzt! Barbara befindet sich mit Spock, Data und Worf noch in erlauchter interstellarer, aber nachnamenloser Gesellschaft. Sicher ändert sich das in den nächsten Tagen, wenn Babsi durch die Veröffentlichung ihres Familiennamens verweltlicht und zu einer von uns wird.

Die eigentliche Sendung am Donnerstag Abend wirkte gehetzt und versuchte den Eindruck zu vermitteln, live zu sein, war es aber nicht. Zwischen einem unverschämten Maß an Reklame, langweiligen und schlechten Musik-Acts (Monrose trat auf – klar, war ja auch von Pro7 – und bewegte die Münder nicht einmal playbacksynchron) schien Heidi Klum zum hundertsten Male zu betonen, dass nur ein Mädchen Deutschland nächstes Topmodel werden könne. Mit echten Begründungen für den Rausschmiss der einen und der Vermodelung der anderen wurde sich dann nicht mehr aufgehalten. Immerhin: Man suche das „Gesampaket“. Aha.

Ungewollt putzig ist die rein optische Verbindung zum aktuellen Gerichtsurteil über Pumuckls potenziellen Hausdrachen: Ellis Kaut will ihren Kobold ein Singledasein schmachten sehen, Barbara von Johnson würde dem Klabautermann lieber ein weibliches Gegenstück an die Seite zeichnen. Wie das Mädchen aussehen könnte, zeigte dann gestern Abend Pro7. Und auch das Layout der Rhein-Zeitung vom Tage lässt da keine Fragen offen:

 Topmodel Barbara

Zeitung kann so schön sein.

Trocken das Gras

Trocken das Gras:

Geschnitten früh am Morgen

Verliert rasch sein Grün.

Fragil

Der Raum war quadratisch, die Luft roch kubisch, eine Welt in Ecken zerbarst unter lautem Krampf zu Milliarden Splittern. Kein Aufatmen, kein Regenbogen würde diesem Chaos folgen, denn die Intensität der Zerstörung war endgültig. Brachiale mechanische Kräfte zermalmten jede Faser in meinem Körper. Der letzte Gruß dieser Welt war ein heißes Stück Metall in meinem Kopf.